In letzter Zeit lese und höre ich öfters von Ärger und Beschwerden, die den Service von so genannten „Dienstleistern“ betreffen. Insbesondere rund ums Telefon. Typisch, denke ich mir. Immer wird alles schlecht geredet, man will wohl nur das Negative sehen, jammern und klagen und Beschwerde führen. Dabei kann man das ja auch anders betrachten.
 
Nehmen Sie zum Beispiel mal mich. Einstmals völlig unbeleckt von Wissen über Kommunikationstechnik kann ich heute, in aller Bescheidenheit gesagt, doch auf echtes Fachwissen zurückgreifen. Und wem habe ich das alles zu verdanken? Richtig, meinem Anbieter. Sie staunen?
 
Aber von Anfang an. Alles begann mit einer kleinen Umstellung. Ein Aktionsangebot, speziell für mich, hieß es, viel schnelleres Internet, Surfen, Mailen, Telefonieren. Häh, schneller telefonieren?? Egal, frag nicht. Gut, ich wollte auf der Höhe der Zeit sein und willigte ein. Nur ein kleines Gerät zum Anschließen, Stecker rein, und schon läuft es. Ehrlich! So sprach der T-Punkt-Mann und händigte mir neben einigen Schriftsätzen den Karton aus. Gehört, getan. Stecker rein – ich weiß, Sie wissen schon. Nichts lief mehr. Mein Computer wollte von mir das Passwort haben. Wie jetzt? Welches Passwort? Ich verfüge über mindestens 11 verschiedene Passwörter. Kein Geiz, ich bin kreativ, findig. Leider lässt mein Gedächtnis mich öfters im Stich, und aufschreiben darf ich nicht. Das käme Aufforderung zum Betrug gleich. Zurück zum Ursprung: kein Passwort, aber ich kann ja mal die Hotline anrufen. Falsch. Das Telefon war mausetot. Nun denn, man besitzt ein Handy – und scheut nicht die Kosten. Um es kurz zu machen: ein freundlicher Mitarbeiter brachte mein Telefon zum Laufen. Leider konnte er nichts tun, um meine Internetverbindung zu aktivieren. Das besorgte der nächste kundige Berater, den ich über mein Festnetz anrufen konnte. Mails  konnte ich weder empfangen noch senden, also die nächste Abteilung angerufen. Allmählich fand ich Vergnügen daran.
 
Seitdem klappt meine Internetverbindung regelmäßig zusammen. Leitung nicht vorhanden, es blinkt wie ein ganzer Lichterbaum, ich spare dafür Licht in meinem Zimmer. Anfangs kämpfte ich mich durch die Computer gesteuerte Ansage und schrak zusammen, wenn die Stimme mich streng mahnte, deutlicher zu sprechen. Eingeschüchtert hörte ich den Tadel, das könne alles nicht sein, meine DSL-Leitung schaffe locker 16000 (ich wagte nicht zu fragen, 16000 was?), und überhaupt, wo hängt denn ihr Telefon dran? Wie, was jetzt. Schon ein Reset gemacht? - ???? –
 
Mittlerweile kurve ich locker durch sämtliche Warteschlangen der Hotline, pfeife munter die Wartemelodie mit und schnarre meine Befehle wie „persönliche Beratung“, „ja“ und „nein“ mit angemessener Lautstärke und im richtigen Zeitfenster in den Hörer.
 
Ich jongliere mit Ausdrücken wie Call&Surf, kenne den Unterschied zu Surf&Comfort, und ich weiß, dass XXL nicht nur eine  Konfektionsgröße ist. Flatrate übersetze ich schon lange nicht mehr als Flachratte. Ein wenig stolz verwende ich gegenüber meinen Kundenberatern die Fachbegriffe Splitter, Router, Modem und Speedport. Und ganz wichtig ist das Zauberwort Support. Ich rattere wie ein Maschinengewehr meine Pins und Puks herunter, wenn ich abgefragt werde. Überhaupt fühle ich mich oft in die Schulzeit versetzt. Denn hie wie da gilt: Wer hilft, wo fördern reicht, der schadet.
 
Auf diesem Wege erweiterte ich meinen Bekanntenkreis, habe mittlerweile nette Bekannte in ganz Deutschland. Ist es mir langweilig, keiner da, mit dem ich quatschen kann, oder wenn ich wissen will, wie das Wetter in anderen Regionen ist, dann ruf ich einfach die Hotline an. Denn wer glaubt, die freundlichen Mitarbeiter sitzen gebündelt an einem zentralen Ort, der irrt. So wird meine Sprachbegabung intensiv geschult: 16 Bundesländer, 16 Dialekte! Ich kenne inzwischen alle Mitarbeiter, freue mich, wenn ich sie wieder erkenne. Einziges Problem: manchmal sage ich ihnen die Antworten schon leise vor oder mache Vorschläge zur Problemlösung. Das mögen viele nicht und drohen an, im Zweifelsfalle einen Techniker vorbei zu schicken. Doch so weit ist es gottlob bislang noch nicht gekommen.
 
Vielmehr meldete sich jüngst ein mir noch unbekannter freundlicher Mitarbeiter, der mir ein super tolles Angebot unterbreiten wollte. Ob ich nicht einen besseren Tarif wünsche, bessere Leitungen, Aktionsangebote und vor allem: besseren Service?  Hieße das vielleicht, am Ende gar auf die lieb gewonnene Hotline zu verzichten?
 
Oh nein, das genau will ich nicht!!
 
Hotline...